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OXM: Offener Brief zum Thema "Killerspiele"

Die Diskussion um so genannte „Killerspiele“ ist zurzeit in aller Munde. Unreflektierte Äußerungen zahlreicher Politiker setzen unsere Industrie völlig zu Unrecht in ein schlechtes Licht. Grund genug für die Karlsruhe ansässige ZUXXEZ Entertainment AG, einen offenen Brief an die Innenministerkonferenz zu schreiben, um den Druck zu erhöhen, eine sachliche Diskussion zwischen den beiden Lagern zu starten. Da auch wir diese Aktion fördern möchten, haben wir uns dazu entschieden diesen Brief vollständig abzudrucken.


OFFENER BRIEF AN DIE INNENMINSTERKONFERENZ

Statement der ZUXXEZ Entertainment AG zum Thema „Verbot von Killerspielen“

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie wir der Presse entnehmen konnten, gibt es offensichtlich Bestrebungen, so genannte „Killerspiele“ durch überhastet erlassene, gesetzliche Regelungen zu verbieten.

Da sich die Verbandslandschaft in der Spieleindustrie zurzeit im Umbruch befindet, ist leider kein koordiniertes Vorgehen von Seiten der Publisher und Entwickler möglich. Gleichwohl besteht in unserer Branche großes Unverständnis gegenüber den Aussagen verschiedener Politiker zu diesem Thema. Aus diesem Grund sehen wir uns als unabhängiges Spieleentwicklungs- und Vertriebsunternehmen veranlasst, zu dieser Problematik Stellung zu beziehen.

Die ZUXXEZ Entertainment AG hat nach den aktuellen Maßgaben der USK-Alterseinstufung (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) bislang noch nie ein Spiel veröffentlicht, das nicht jugendgeeignet ist. Wir lehnen solche Spiele auch grundsätzlich ab. Computerspiele können, genau wie jedes andere Medium, missbraucht werden. Dennoch sehen wir die aktuelle Einstellung vieler Politiker und der Öffentlichkeit gegenüber der Spielebranche mit größter Sorge. In zahlreichen Äußerungen und Pressemeldungen wird der Begriff „Killerspiele“ salonfähig gemacht, undifferenziert verwendet und der USK eine mangelhafte Tätigkeit unterstellt. Dabei fehlt bislang eine genaue Definition dieses Wortes, und auch die angeblichen Unzulänglichkeiten der Selbstkontrolle sind nicht näher spezifiziert. Eine Diskussion auf dieser Basis entbehrt jeglicher Sachlichkeit.

Die derzeitige Alterseinstufung und Prüfung durch die USK ist, entgegen der anscheinend verbreiteten Auffassung in der Politik, weltweit führend. Im Vergleich zum europäischen Ausland und den Vereinigten Staaten findet hierzulande eine tatsächliche und vollständige Prüfung von Spielinhalten mit ausführlichen Berichten durch kompetente, mit der Materie vertrauten Personen statt. Im Gegensatz dazu basiert beispielsweise das europäische PEGI-Rating (Pan European Game Information) einzig und allein auf den Herstellerangaben, und das amerikanische ESRB-System (Entertainment Software Rating Board) beschränkt sich auf das Betrachten einer 30-minütigen Videokassette mit Szenen aus dem Spiel, die ebenfalls vom Hersteller erstellt und eingereicht wird.

Die differenzierte Alterseinstufung der USK in Deutschland sorgt dafür, dass Inhalte wie Bilder von verstümmelten Kriegs- und Bombenopfern, die in den Mittagsnachrichten an der Tagesordnung sind, Kindern und Jugendlichen in Spielen nicht zugänglich gemacht werden. Die Tatsache, dass entsprechend eingestufte Spiele mit Gewaltszenen dennoch in Kinderhände geraten, liegt nicht an einer mangelhaften Arbeit der USK, sondern vielmehr an der ungenügenden Kontrolle durch die Erziehungsberechtigten. Vielfach ist den Eltern überhaupt nicht bekannt, dass eine Alterskennzeichnung überhaupt existiert oder was diese bedeutet. Ein weiteres Problem der derzeitigen politischen Diskussion besteht darin, dass das undefinierte Schlagwort „Killerspiele“ medial propagiert wird, ohne darüber nachzudenken. Dabei hat die interaktive Unterhaltung ihre Wurzeln durchaus in Spieleklassikern: „Räuber und Gendarm“- oder „Cowboy und Indianer“-Spiele enthalten die Grundideen eines Rollenspiels, und Schach ist der Urvater aller Strategiespiele. Die Entwicklung von Computerspielen gleicht der Inszenierung eines Theaterstücks oder dem Dreh eines Films und ist eine interaktive Visualisierung von z. B. Grimms Märchen oder Tolkiens Büchern. Die durch Entertainment-Software nachweislich vermittelten Lerneffekte verkennen Kritiker vollkommen.

Ein solcher Populismus im 21. Jahrhundert ist bestenfalls das Armutszeugnis politischer Hilflosigkeit. Die Durchsetzung eines Verbots von Spielen mit kriegerischem oder kämpferischem Inhalt ist illusorisch und kontraproduktiv. Es würde zum Abdriften in eine unkontrollierbare Kriminalität und damit zu einer gesteigerten Straffälligkeit bei Kindern und Jugendlichen führen. Anstatt der kontrollierten Abgabe über den Fachhandel würden Spiele unüberwacht über das Internet oder, ähnlich wie Drogen, „unter der Hand“ auf den Schulhöfen gehandelt. Eine neuzeitliche Prohibition in der momentan angedachten Art ist in unseren Augen zudem technisch und faktisch nicht durchführbar.

Zur Lösung des Jugendschutzproblems bei Computerspielen unterbreiten wir folgende Vorschläge:

1. Eine stärkere Förderung der USK durch angemessene Budgets
2. Die Durchführung einer durchdachten Aufklärungskampagne zum Hintergrund, zur Entstehung und zur Alterskennzeichnung von Entertainment-Software. Hierbei sollten insbesondere die Erwachsenen, also die Erziehungsberechtigten, im Fokus stehen.
3. Eine stärkere Kontrolle der Spieleabgabe gemäß der Altersklassifizierung

Wir hoffen, mit diesen Ausführungen einen hilfreichen Denkansatz geliefert zu haben und sind gerne
bereit, bei weiteren Diskussionen konstruktiv mitzuwirken.

Karlsruhe, den 10.03.2006
ZUXXEZ Entertainment AG
10.03.2006 : Matthias Brems