Stolen: Der langsame Tod der HD-DVD oder: Blau macht doch glücklich!

Keine Meldung wurde in den letzten Wochen so oft verkündet und im Handumdrehen wieder dementiert wie der „schleichende Tod“ der HD-DVD. Diese Woche dürfte es endlich soweit sein und Hersteller Toshiba wir gezwungenermaßen das Scheitern des hauseigenen Produkts verkünden. Wie konnte das Medium, das sogar Vorteile gegenüber der Blu Ray-Disk bot, so schnell vom Markt verdrängt werden? Wir ziehen ein kleines Resümee.

Die HD-DVD hatte von Beginn an einen großen Nachteil gegenüber der Konkurrenz und zwar, ob man‘s glaubt oder nicht: Den Namen! Getreu dem Motto „Für meine Zukunft seh‘ ich blau!“ steht Blu ray seit dem ersten Tag für etwas Neues, Cooles und vor allem zukunftweisendes. Der Begriff „HD-DVD“ wirkt dagegen schon fast antiquiert und mehr als eine allgemeine Bezeichnung für Datenträger mit hochauflösenden Inhalten.

Eine weitere, nicht unwichtige Rolle in der Etablierung des neuen Mediums spielte der japanische Elektronik-Riese Sony, der mit der Bekanntgabe, seine neuste Spielkonsole serienmäßig mit dem selbsternannten „Datenträgerformat der Zukunft“ auszustatten, die Zeichen auf „blau“ stellte und die Blu ray quasi „über Nacht“ und schon Monate vor dem Release der Konsole als vermeintlichen Sieger dastehen lies.

„Stopp… wir haben da auch noch ein Wörtchen mitzureden!“ sagte plötzlich der Redmonder Konzern Microsoft… und forcierte fortan das hauseigene HD-DVD-Format, von dem man bis dato ziemlich wenig gehört hatte. Kurzerhand wurde eine Xbox 360 HD-DVD-Peripherie angekündigt und somit versucht, die HD-DVD als zweites Format auf dem Markt zu etablieren.

Was viele Analysten im HD-DVD-Konsortium jedoch übersahen, war die Tatsache, dass:

1. der Endkunde mit zwei verschiedenen und vor allem nicht kompatiblen Systemen nichts anfangen kann
2. es nur eine Frage der Zeit war, bis mit der PS3 Millionen von Blu ray-Playern Einzug in die technikversierten Zockerstuben dieser Welt hielten.

Viele Gamer, die noch bei der Ankündigung des Xbox 360 HD-DVD Players nichts von Filmen in HDTV-Auflösung wissen wollten, hatten auf einmal mit der PlayStation3 einen solchen Player zu Hause, und „für 30 Euro kann man‘s ja mal ausprobieren!“

Ist der HD-DVD-Kunde jetzt der große Verlierer, und wenn, wer trägt die Schuld daran? Aufgrund der Tatsache, dass die beiden Scheiben dazu eingesetzt wurden, um den aktuellen Konsolenkrieg zwischen Microsoft und Sony weiter voranzutreiben, wurde man als Gamer viel zu früh damit geimpft, HD-Datenträger sind die Zukunft und man müsse sich jetzt entscheiden! Hinzu kamen frühe Exklusivdeals mit den Filmverleihern, was zur Folge hatte, dass bestimmte Filme auch nur auf entsprechenden Disks erschienen. Blu ray und HD-DVD hätten sicherlich in friedlicher Koexistenz miteinander bestehen können, aber diese Haltung hatte nur eins zur Folge… keiner wollte sich zu früh für ein System entscheiden, tat es aber dann doch mit dem Kauf der neuen Spielkonsole aus dem Hause Sony.

Wie schon so oft in der Vergangenheit wurde ein Formatkrieg auf dem Rücken der Konsumenten ausgetragen und viel zu lange aufrecht erhalten. Der Kunde entscheidet und wären die Vorteile der weitaus niedrigeren Produktionskosten der HD-DVD direkt von Beginn an auch an den Endkunden weitergegeben worden, hätte die Geschichte sicherlich anders ausgehen können. So kann man abschließend jedoch fast nur den Werbeslogan einer nicht unbekannten Bank zitieren: „Blau macht (gezwungenermaßen) doch glücklich!“
18.02.2008 : Matthias Brems